Tante Assuntarella studierte am Konservatorium von Neapel Klavier. Wie das Leben so spielte, verliebte sich der Professor für Komposition, Antonio Savasta, in die junge, anmutige Musikerin, und bald schon verlobten sich die beiden trotz des erheblichen Altersunterschieds. Nach der Hochzeit 1927 zog das Paar nach Palermo, wo dem Maestro Savasta die Leitung des dortigen Konservatoriums angetragen worden war. Die beinahe zehn Jahre, die Assuntarella in der Hauptstadt Siziliens verlebte, bedeuteten eine arge Qual für sie, denn das Heimweh nach dem geliebten Neapel und der Familie plagte sie schwer. Antonio Savasta komponierte zahlreiche Musikstücke und Opern, darunter „Galatea“, „Vera“ und „La Fonte“ die seinerzeit in den bekanntesten Opernhäusern Italiens aufgeführt und vom italienischen Radiorundfunk der RAI – das Fernsehen musste erst noch erfunden werden – in die Wohnzimmer Italiens ausgestrahlt wurden.
Man hat bei uns angefragt, ob wir vielleicht noch im Besitze einer Originalpartitur des angeheirateten Onkels seien. Wir konnten nur auf das Konservatorium von Palermo verweisen, denn nach dem Tode des Antonio Savasta im Jahr 1959 wurden seine sämtlichen Dokumente zusammen mit seinem Klavier und Teilen des Mobiliars aus seinem Studierzimmer dem Konservatorium der sizilianischen Metropole vermacht.
Ich kann mich erinnern, dass ich Onkel „Tonio“ mit Begeisterung zu Hause besuchte, denn er mochte uns Kinder sehr gerne und hatte immer Zeit für uns. Seine Augenlicht wurde immer schlechter, und sein Blindenstock imponierte uns sehr. Außerdem kann ich mich noch gut an ein Dreikönigsfest erinnern – seinerzeit bekamen die Kinder ihre Geschenke nicht an Weihnachten, sondern am 6. Januar. Tante Assuntarella hatte sich als „Befana“, also als Hexe, verkleidet, und uns Kindern blieb der Mund vor Staunen offen, als wir sie auf einem Besen fliegen sahen – wie das sein konnte, ist bis heute ein gut gehütetes Geheimnis in unserer Familie geblieben.